Hallo, ich bin Ann-Kathrin, 30 Jahre alt.
2010 mit 17 Jahren stellte man bei mir während eines Gesundheitschecks ein auffälliges EKG fest. Zunächst wurde ich konservativ kardiologisch betreut. Erst in Langen bei Frankfurt und ab 2017 in der Krehlklinik. Ich habe die Erkrankung ernst genommen und mich nicht überfordert. Ich bin regelmäßig zu Untersuchungen. Es wurde eine hypertrophe dilatative Kardiomyopathie unklarer Genese festgestellt. Man tippte auf Sarkoidose, die sich aber nicht bestätigte. Damals bin ich noch geritten und schwimmen gegangen. Anfangs ging es mir gut. Ich habe die Einschränkungen nicht direkt bemerkt. Als mein Herz nur noch eine Leistung von 30% hatte, habe ich mich auf ein CRT-D eingelassen, um bei einem plötzlichen Herztod abgesichert zu sein. Die Implantation erfolgte am 27.08.2021. Ein paar Tage vorher hatte ich eine Ablation wegen Herzrhythmusstörungen.
Dann bin ich zu den Herzgesprächen gekommen. Immer montags via Zoom-Konferenz werden neueste Informationen ausgetauscht und nachgefragt, wie es einem geht.
Dort gab mir Lucas, der leider 2023 verstorben ist, die Kraft und Zuversicht mich für eine Transplantation listen zu lassen. Danke Lucas, ich denke an dich! Im April 2022 erfolgt die Listung. Ich durfte nicht mehr reiten und schwimmen.
Im August 2022 hatte ich einen Schlaganfall, zum Glück ohne Folgen da der Thrombus schnell entfernt werden konnte. Bei der Kontrolluntersuchung Mitte Mai waren meine Befunde jedoch so schlecht, dass ich nicht mehr nach Hause durfte und stationär aufgenommen wurde. Erst war ich auf der Normalstation. Nach zwei Tagen kam ich für drei Monate auf die intensiv HI wach. Nach drei Anläufen wurde ich endlich auf der High Urgent gelistet.
Durch diese schwere Zeit hat mich mein Lieblingsarzt begleitet. Er legte die peripheren Zugänge und hat mir fast komplett die Angst vor den ZVK genommen. Wir haben miteinander gelacht und geweint. Haben uns unsere Katzenbilder gezeigt. Seine Stimme und sein Lachen gaben mir unendlich Kraft, Mut und Halt. Das brauchte ich, um nicht aufzugeben. Für die gezeigte Empathie und Menschlichkeit bin ich ihm sehr dankbar. Mein besonderer Dank gilt auch dem gesamten Team der HI wach Station, Chirurgie & Kardiologie Ambulanz der Universität Klinik Heidelberg.
Am 9. August habe ich von einer Pflegerin meine Haare geschnitten bekommen. Ich musste fast eine Stunde sitzen. Das hat mich unheimlich angestrengt, aber danach war ich glücklich. Als nächstes stand eigentlich eine Untersuchung an wegen eines LAVD. Ob ich dafür in Frage komme. Nach dem Mittagessen standen plötzlich zwei Ärzte vor mir mit 30 Röhrchen zur Blutabnahme. Sie haben ein wahrscheinlich ein passendes Spenderherz für mich. Ich rief gleich meinen Freund und meine Eltern an. Sie sollen doch bitte in die Klinik kommen. Ich konnte sie noch kurz sehen, dann ging alles ganz schnell. Alle diensthabenden Ärzte und Pfleger drückten mir die Daumen. Um 19 Uhr wurde ich in den Vorbereitungssaal gelegt. Um 22 Uhr gab es grünes Licht und ich wurde sediert.
Nach der Transplantation hatte ich drei schwierige Wochen. Medikamente einstellen und neue Verhaltensweisen lernen. Ich war vergesslich und eingeschränkt. Sobald ich etwas besser mit meinem Körper zurechtkam und vorsichtig den Gang auf der Station entlanglaufen konnte, wurde ich auf die Station f99 verlegt. Nach einer Woche ging es so langsam bergauf. Ich fing an zu realisieren, was ich erlebt hatte. Mein Lieblingsarzt kam mich besuchen. Er ist zur Tür rein und hat gesagt: „Herzlichen Glückwunsch zum neuen Leben“. Zuerst habe ich ihn gar nicht erkannt. Aber dann ist mir wieder eingefallen, dass ich ja drei Monate bei ihm in Behandlung war. Wir haben uns darüber unterhalten was noch auf mich zukommt.
Mein erster Spaziergang, am 5. September, war im botanischen Garten der UKD Heidelberg. Nun konnte ich auf die Station Hi wach, um nach einem Erinnerungsfoto an die Intensivstationszeit zu machen. Ich erhielt ein besonderes Foto mit meinem Lieblingsarzt vor meinem ehemaligen Zimmer.
Nach dem Krankenhaus war ich für drei Wochen auf Reha in Bad Schönborn. Leider musste ich meine beiden Katzen Aragorn und Gimli abgegeben. Sie waren ein erhebliches Risiko für mein geschwächtes Immunsystem. Zudem trennte sich mein Partner nach zehn Jahren Beziehung von mir. Auch meine sozialen Kontakte brachen nach und nach weg.
Aktuell bin ich dabei mein Leben neu zu gestalten. Von 0 auf 100%. Ich bewege mich etwas, lerne das Leben neu kennen und genieße es alleine radeln, ins Fitnessstudio, in die Herzsportgruppe und demnächst wieder schwimmen zu gehen. Momentan arbeite ich zwei Mal die Woche in einer Hausartzpraxis an der Anmeldung.
Mir geht es soweit gut. Es ist einfach ein Wunder, dass ich dieses Spenderherz erhalten habe. Ich bin dem Spender sehr dankbar und denke jeden Tag an ihn. Und Schicksal, dass ich einen so großartigen Arzt, während meiner Wartezeit, kennenlernen durfte. Meine Narbe ist ein Geschenk. Sie zeigt wie glücklich und stolz ich auf mein Erlebtes zurückblicken kann.
Das Herz ist wie ein 6er im Lotto mit Zusatzzahl! Dafür bin ich unendlich dankbar!